Salzwedel. Anlässlich des Weltdiabetestages am 14. November veranstaltete die Patientenakademie des Altmark-Klinikums Salzwedel einen umfassenden Vortrag zur Prävention und Therapie des Diabetes mellitus. Die Veranstaltung, geleitet von Dr. med. Peer Lutz, Chefarzt, Facharzt für Innere Medizin und Diabetologe DDG, bot vertiefende Einblicke in die evolutionären Ursachen, die unterschiedlichen Diabetes-Typen, präventive Maßnahmen sowie aktuelle, evidenzbasierte Therapieoptionen.
Der menschliche Organismus und der moderne Lebensstil
„Unsere Körper sind evolutionär darauf ausgelegt, in Bewegung zu sein und Energie in Phasen von Nahrungsknappheit effizient zu speichern“, erläuterte Dr. Lutz. „Dieser genetische Hintergrund steht in starkem Kontrast zu unserem modernen Lebensstil, der durch hohe Kalorienverfügbarkeit und Bewegungsmangel geprägt ist.“ Dieser Widerspruch trage erheblich zur Zunahme chronischer Erkrankungen wie des Diabetes mellitus bei.
Diabetes mellitus – eine Erkrankung des Glukosestoffwechsels
Diabetes mellitus, wörtlich „honigsüßer Durchfluss“, beschreibt eine Gruppe von Stoffwechselerkrankungen, die durch einen erhöhten Blutzuckerspiegel charakterisiert sind. Ursächlich sind meist entweder ein Insulinmangel oder eine Insulinresistenz. Insulin, das entscheidende Hormon im Glukosestoffwechsel, ermöglicht die Aufnahme von Glukose in die Zellen und reguliert so den Blutzuckerspiegel. Die häufigsten Formen sind der Typ-1- und der Typ-2-Diabetes. Typ-1-Diabetes beruht auf einem absoluten Insulinmangel infolge der Zerstörung der β-Zellen im Pankreas, während Typ-2-Diabetes typischerweise durch Insulinresistenz und weitere Faktoren, wie das metabolische Syndrom, bedingt ist.
Ein alarmierender Anstieg der Fallzahlen
In Deutschland leben derzeit etwa 8,5 Millionen Menschen mit der Diagnose Diabetes mellitus, wobei über 95 Prozent der Betroffenen am Typ-2-Diabetes erkrankt sind. Besonders alarmierend ist der Anstieg in jüngeren Altersgruppen: Zwischen 2014 und 2019 stieg die Inzidenz bei 20- bis 39-Jährigen um 2,7 %. Auch unter Kindern und Jugendlichen sind jährlich etwa 950 Neuerkrankungen zu verzeichnen – ein besorgniserregender Trend, der die Dringlichkeit präventiver Maßnahmen unterstreicht.
Prävention durch Bewegung und gesunde Ernährung
„Bewegung ist ein zentraler Pfeiler der Prävention“, betonte der Chefarzt. „Bereits 150 Minuten moderates Ausdauertraining pro Woche können den Glukosestoffwechsel signifikant verbessern und das Diabetesrisiko um bis zu 42 Prozent senken.“ Regelmäßige Bewegung wirke dabei unabhängig von Gewichtsreduktion und reduziere zugleich das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen sowie bestimmte Krebserkrankungen. Auch ernährungswissenschaftlich fundierte Empfehlungen wie die mediterrane Ernährung, die reich an Gemüse, Hülsenfrüchten und Olivenöl ist, unterstützen die Prävention. Gleichzeitig sollte der Konsum von zuckerhaltigen Getränken und stark verarbeiteten Lebensmitteln möglichst minimiert werden.
Moderne Therapieansätze: Fortschritte in der Diabetologie
Die therapeutischen Möglichkeiten zur Behandlung des Diabetes haben in den vergangenen Jahren bedeutende Fortschritte erzielt. Moderne Medikamente wie GLP-1-Rezeptoragonisten (z. B. Semaglutid, Dulaglutid) und SGLT-2-Hemmer (z. B. Dapagliflozin, Empagliflozin) ermöglichen eine gezielte und individualisierte Behandlung des Diabetes mellitus. Diese Wirkstoffe senken nicht nur den Blutzuckerspiegel und fördern die Gewichtsreduktion, sondern bieten zusätzlich schützende Effekte hinsichtlich Herz-Kreislauf- und Nierenkomplikationen.
„Es ist jedoch wichtig, zu betonen, dass diese Medikamente auch Nebenwirkungen aufweisen können. Zwar fördern sie anfangs eine Gewichtsreduktion, jedoch wird dieses Gewicht in vielen Fällen wieder zugenommen, wenn das Medikament abgesetzt wird. Das Übergewicht sei für Dr. Lutz nicht das größte Problem, vielmehr sieht er die fehlende Bewegung als das viel schwerwiegendere Risiko an. Der Blutzuckerspiegel könne auch ohne eine Gewichtsreduktion durch regelmäßige Bewegung gesenkt werden, was einen langfristigen, nachhaltigen Effekt auf die Gesundheit habe“, erklärte er weiter.
Fazit:Eigenverantwortung und Aufklärung als Schlüssel zur Prävention und Therapie
Der Chefarzt hob in seinem Vortrag besonders die Rolle der Eigenverantwortung hervor: „Der Schlüssel zur Prävention und Therapie von Diabetes liegt in der Eigenverantwortung der Patienten. Aufklärung, regelmäßige Bewegung und eine gesunde Ernährung sind grundlegende Bausteine, die jeder Mensch selbst in der Hand hat, um das eigene Diabetesrisiko zu senken.“ Er betonte, dass Patienten durch einen aktiven Lebensstil und bewusste Ernährungsentscheidungen maßgeblich zu ihrem gesundheitlichen Wohl beitragen können. „Die beste Prävention beginnt im Alltag – und das jeden Tag aufs Neue“, so der Diabetologe abschließend.