Bis zu 20 Prozent der Erwachsenen sind betroffen: Gallenleiden – eine der häufigsten Zivilisationskrankheiten

Mit Chirurgen des Altmark-Klinikums Gardelegen im Gespräch

Gardelegen.  Nahezu jeder kennt jemanden, der darunter leidet und seine Erfahrungen zum Besten geben kann: Gallensteine. Immerhin sind in Deutschland zwischen 15 und 20 Prozent der Erwachsenen davon betroffen. Somit ist Gallenleiden eine der häufigsten Zivilisationskrankheiten unserer Zeit. Die Ärzte am Altmark-Klinikum Gardelegen bestätigen das. Gallenoperationen gehören zum Tagesgeschäft der Chirurgen. Woran man Gallenleiden erkennt und welche Therapiemöglichkeiten es gibt, erfuhren wir im Gespräch mit dem Fachbereichsleiter  MUDr. Marek Pesl und dem Oberarzt Dr. medic. Mugur Cotutiu, die im Zentrum für Chirurgie für die Allgemein- und Viszeralchirurgie verantwortlich sind.

Wodurch werden Gallenleiden überhaupt verursacht, wie äußert sich das und wer ist am meisten betroffen?
Dr. Cotutiu:
In über 99 Prozent der Fälle werden die Beschwerden durch Gallensteine verursacht. Das äußert sich unter anderem durch plötzlich auftretende krampfartige Schmerzen nach dem Essen, die nicht selten mit Übelkeit und Erbrechen einhergehen. Betroffen sind häufig Frauen über 40 Jahre, die übergewichtig sind und Kinder geboren haben. Aber auch jüngere Menschen und Männer können betroffen sein. Ab und zu gibt es auch Polypen oder unklare Strukturen der Gallenblase, die Leiden verursachen, aber das ist extrem selten.

Wie entstehen Gallensteine überhaupt?
Dr. Pesl:
Zunächst einmal muss man wissen, dass die Galle eine zähe Körperflüssigkeit ist, die in der Leber produziert wird. Die Gallenblase funktioniert wie ein Speicher, in der sich die Galle sammelt und dann zur Fettverdauung in den Zwölffingerdarm abgegeben wird. Gallensteine entstehen, wenn das Mischungsverhältnis der Stoffe des Gallensaftes nicht mehr im richtigen Verhältnis steht. Die hauptsächlichen Bestandteile des Gallensaftes sind Cholesterin, Gallensäure und Bilirubin. Aus Cholesterin bestehen die meisten Gallensteine.

Und die verursachen dann die Probleme, wenn sie die Wege von der Gallenblase in den Darm versperren. Welche Therapiemöglichkeiten gibt es dann?
Dr. Cotutiu:
Nicht nur der Weg in den Darm kann versperrt werden, sondern es kann auch zu einer Stauung der Galle in der Leber kommen, das kann sehr gefährlich werden. Die einzig wirksame Therapie ist die operative Entfernung der Gallenblase.
Dr. Pesl: Man kann zwar versuchen, die kleineren Steine mit Medikamenten zu lösen, aber das gelingt meistens nicht. Wenn man die Steine zertrümmern würde, wie man es bei Nierensteinen tun kann, müssten sie danach trotzdem den Gallengang passieren und können diese verstopfen. Das verursacht dann andere Probleme, zum Beispiel eine Entzündung der Bauchspeicheldrüse. Das kann dann unter Umständen sogar tödlich verlaufen. Denn das Sekret der Bauchspeicheldrüse muss in den Darm gelangen, wenn es das nicht kann und sich anstaut, beginnt die Verdauung des eigenen Organes. Das ist sehr gefährlich.
Dr. Cotutiu: Gallensteine sind im Grund eine eher kleine Krankheit, die unbehandelt jedoch große Komplikationen verursachen können. Wobei man Steine, die keine Beschwerden verursachen, nicht operieren muss.

Ist eine Gallen-OP denn eine große Sache?
Dr. Cotutiu:
Nein, im Normalfall ist es ein relativ kleine Operation, die wir laparoskopisch (Schlüsselloch-OP, d. Red.) durchführen. Bei normalem Befund dauert eine OP zirka 30 Minuten. Danach bleibt der Patient noch zwei bis drei Tage in der Klinik.
Dr. Pesl: Trotzdem darf man eine Gallenblasen-Operation nicht unterschätzen, sie ist dennoch sehr anspruchsvoll. Im Bauchraum befinden sich viele wichtige Strukturen, die unverletzt bleiben müssen. Wenn die Gallenblase ungünstig liegt, kann das zu einer großen Herausforderung für den Chirurgen werden. Eine größere OP kann es werden, wenn die Krankheit schon so weit vorangeschritten ist, dass die Wand der Gallenblase schon zerstört wurde. Der Stein hat sich in den Dünndarm reingebohrt und ist dort hängen geblieben. Dann kann es zu einem Darmverschluss kommen. Das sind Komplikationen, die nicht oft vorkommen, aber jeder von uns schon gesehen hat -  ein- bis zweimal pro Jahr. Das versorgen wir dann überwiegend auch minimalinvasiv.

Also sollte man mit Beschwerden, die auf Gallenleiden hindeuten, lieber nicht zu lange warten einen Arzt aufzusuchen. Kann man der Gallensteinbildung irgendwie vorbeugen?
Dr. Pesl:
Eine gesunde Ernährung, Fettleibigkeit vermeiden, viel Bewegung, nicht rauchen und wenig bis kein Alkohol trinken können helfen. Wirklich vorbeugen kann man aber nicht. Manche Menschen haben bei gesundem Lebensstil auch einfach eine Neigung zur Steinbildung. Bei Frauen spielen auch die Hormone und Schwangerschaften eine Rolle.

Können Patienten, denen die Gallenblase entfernt wurde, normal weiterleben?
Dr. Cotutiu:
Ja. Wer keine Gallenblase mehr hat, ist nicht beeinträchtigt. Praktisch funktioniert die Gallenblase wie ein Speicher. Zwischen den Mahlzeiten sammelt sich dort die Galle, die nach den Mahlzeiten in den Zwölffingerdarm ausgeschieden wird. Nach einer Entfernung der Gallenblase übernehmen die Gallenwege die Funktion.

 

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