OP-Planung am Röntgenbild

Zentrumsleiter und Chefarzt Dr. med. Paszkier: „Wir wollen die beste Versorgung“

Gardelegen. Mehr als 240 Frauen und Männer werden pro Jahr im Altmark-Klinikum Gardelegen mit Endoprothesen versorgt, zumeist dann, wenn eine Arthrose (Gelenkverschleiß) soweit fortgeschritten ist, dass es keine anderen Therapiemöglichkeiten mehr gibt. Den überwiegenden Teil machen Knie- und Hüftgelenksprothesen aus, aber auch Schulter-Endoprothetik gehört zum Leistungsspektrum des Fachbereiches Orthopädie und Unfallchirurgie im Zentrum für Chirurgie. Wir sprachen mit dem Leiter des Zentrums für Chirurgie und Chefarzt der Klinik für Orthopädie und Unfallchirurgie im Altmark-Klinikum Gardelegen, Dr. med. Andrè Paszkier, sowie dem leitenden Oberarzt Dr. med. Jochen Schramm über Neuigkeiten in Sachen Gelenkersatz.

Der medizinische Fortschritt schreitet immerwährend voran. Was gibt es aktuell Neues zum Gelenkersatz?
Dr. Paszkier:
An konkreten Neuerungen ist die präoperative Planung der Operation am Röntgenbild für Knieprothesen zu nennen.

Was ist daran neu, Röntgenbilder vor Operationen sind doch seit Jahrzehnten Standard.
Dr. Paszkier:
Sicherlich. Wir hatten auch früher präoperatives Röntgen, also exakte Röntgenbefunde vor der OP und Bilder der Computertomographie genutzt, um uns auf die Operation vorzubereiten. Neu ist, dass diese Röntgenaufnahmen nun mit einer Metallkugel zur Größenkalibrierung gemacht werden. Anhand der Bilder können wir dann am Computer die Operation mit verschieden großen Implantaten simulieren und so den größtmöglichen Behandlungserfolg für die Patienten erreichen. Dies ist seit Jahren bei der Hüft-Endoprothetik Standard und setzt sich nun zunehmend auch bei Kniegelenkersatz-Operationen durch.

Wenn dies für Hüft-Operationen schon lange gängig ist, warum konnte sich dann die computergestützte Planung von künstlichen Kniegelenken erst jetzt etablieren?
Dr. Paszkier:
Zum einen wird bei den Knien ein Oberflächenersatz durchgeführt, wobei die zu behandelnden Knochenflächen frei sichtbar und zugänglich sind. Damit ist eine computergestützte Planung weniger nötig und weniger hilfreich. Zum anderen kann die Planung von Hüftgelenkprothesen an einer Röntgenaufnahme des Beckenbereiches erfolgen. Bei der Planung eines Kniegelenk-Ersatzes ist sowohl das Röntgenbild des gesamten Beines von der Hüfte bis zum Sprunggelenk in der Vorderansicht nötig und auch das seitliche Röntgenbild. Für diese Ganzbeinaufnahme ist eine spezielle Ausstattung der Röntgenabteilung erforderlich, die in unserem Gardelegener Krankenhaus im Jahr 2020 etabliert wurde. Insgesamt betrachtet ist die Planung eines Kniegelenk-Ersatzes wesentlich aufwändiger.

Lohnt sich dieser zusätzliche Aufwand für die Patienten?
Dr. Schramm:
Dazu muss man sagen, dass wir auch bisher schon Knie- und Hüftgelenk mit hoher Effizienz und in den meisten Fällen auch zur sehr hohen Zufriedenheit der Patienten implantiert haben. Durch die Planung am Computer wird die Endoprothetik nicht neu erfunden oder gar revolutioniert. Dennoch ist in einigen Fällen eine Optimierung der Patientenversorgung angezeigt. Wenn zum Beispiel ein Prothesen-Modell nicht optimal passt, kann eine andere Variante, gegebenenfalls auch eines anderen Herstellers, simuliert werden.

Bedeutet dies auch, dass Sie in Zukunft noch häufiger einen Kniegelenkersatz vornehmen werden?
Dr. Paszkier:
Wir rechnen mit einer steigenden Anzahl an Hüft- und Kniegelenkersatz-Operationen in den kommenden Jahren und Jahrzehnten. Als Grund dafür sehe ich allerdings nicht die nun besser computergestützte Planung, sondern die immer älter werdende Bevölkerung in Deutschland. Das Durchschnittsalter der Menschen steigt und damit auch die Zahl der therapiebedürftigen Hüft- und Kniegelenke. Damit nimmt auch die Zahl der benötigten Gelenkersatz-Eingriffe zu. Denn Gelenkersatz bleibt zum Beispiel weiterhin eine von mehreren Therapieoptionen bei fortgeschrittener Arthrose.

Gibt es auch Neuerungen beim Gelenkersatz der Hüfte?
Dr. Paszkier:
Im Wesentlichen gibt es zwei Indikationen zum Hüftgelenksersatz: Erstens wird das Hüftgelenk ersetzt, wenn fortgeschrittener Verschleiß, Schmerzen und Bewegungseinschränkungen vorliegen. Zweitens werden betagte Mitbürger nach Sturz und Oberschenkelhalsbruch in der Regel mit Hüftgelenksersatz versorgt, da die Verschraubung und das Ausheilen von Schenkelhalsbrüchen mit zunehmendem Alter eine schlechte Prognose hat. Bei Verschleiß und/oder Arthrose bedingten Gelenkersatz handelt es sich um eine planbare Operation ohne Termindruck. Bei Brüchen des Oberschenkelhalses ist die Versorgung dringlich. Wir haben schon immer versucht, dies zeitnah nach dem Unfallereignis durchzuführen. Dieses Ziel sehen wir nun verstärkt im Fokus und haben organisatorische Anpassungen vorgenommen, um dies noch besser zu erreichen.

Für Knie und Hüfte sind demnach Änderungen der Operationsvorbereitung und organisatorische Anpassungen erfolgt. Gibt es auch Neuerungen beim operativen Vorgehen?
Dr. Schramm:
Selbstverständlich sind wir bestrebt, auch hier zum Wohle des Patienten die bestmögliche Versorgung zu bieten. Sowohl im Jahr 2020 als auch im Jahr 2021 waren Oberärzte unserer Klinik in andern Kliniken, um zu hospitieren, andere operative Vorgehensweisen kennenzulernen und gegebenenfalls in unser Operationsspektrum mit aufzunehmen.

Was machen die Kollegen anders?
Dr. Paszkier:
Manche spannen das zu operierende Bein in einen Haltemechanismus ein. Dann ist derzeit in der Diskussion, wie viele Drainageschläuche in der OP eingebracht werden sollen. Bei geeigneten Patienten gelingt es außerdem, ein Hüftgelenk einzusetzen, ohne Muskeln oder Sehnen zu durchtrennen. Dies finden wir besonders erstrebenswert.

Soll nun das operative Vorgehen verändert werden?
Dr. Paszkier:
Hier möchte ich betonen, dass wir auch bisher Knie- und Hüftgelenke mit hoher Effizienz und in den meisten Fällen auch mit sehr hoher Patientenzufriedenheit implantiert haben. Durch eine Veränderung des operativen Vorgehens wird die Endoprothetik nicht revolutioniert. Auch hier sind es wenige Patienten, die davon profitieren, denn eine andere OP-Technik ist niemals für jeden Patienten geeignet. Manche sind mit der bisherigen Vorgehensweise optimal versorgt. Allerdings wollen wir für unsere Patienten die beste Versorgung und daher unser OP-Spektrum stetig anpassen und optimieren, auch wenn wir uns bewusst sind, dass es meist nur kleine Schritte sind.

Die Fachwelt ist sich einig darüber, dass Gelenkersatz immer der letzte Schritt in der Therapie sein sollte. Wie kann man vorbeugen und seine Gelenke gesund halten?
Dr. Paszkier:
Auf ein ausgewogenes Maß von Bewegung und Ruhe kommt es an. Nicht zu viel Sport aber auch nicht zu wenig. Sind Übergewicht und Mangelbewegung Ursache der Arthrose, hilft nur Abnehmen und moderate Bewegung. Wenn es um sportliche Aktivitäten geht, sollten Sportarten, die mit einer starken Stoßbelastung einhergehen, vermieden werden, wie etwa Tennis, Fußball oder Squash. Empfehlenswert sind eher Walken, Fahrrad fahren und Schwimmen.

 

 

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